Neue Regeln für die Fleischwirtschaft

31. Juli 2020

31. Juli 2020 – Regierungsentwurf für das „Arbeitsschutzkontrollgesetz“ beschlossen

Nach dem Corona-Ausbruch im Tönnies-Schlachtbetrieb versprach die Bundesregierung schnelle und deutliche Verbesserung für den Arbeitnehmerschutz in der Fleischwirtschaft. Noch im Mai beschloss sie in einem Eckpunktepapier ein Arbeitsschutzprogramm mit zehn Maßnahmen. Von diesen zehn Maßnahmen haben es insgesamt sieben in den Entwurf der Bundesregierung geschafft, der in dieser Woche vom Bundeskabinett beschlossen wurde:

Geplante Maßnahmen

Die wohl einschneidendste Maßnahme ist das Verbot von Fremdpersonal im Kerngeschäft der Fleischindustrie. Die Schlachtung, Zerlegung und Fleischverarbeitung soll in Zukunft nur noch durch eigene Arbeitnehmer des Schlachthofbetreibers durchgeführt werden dürfen. Ab dem 1. Januar 2021 sollen Werkverträge und ab dem 1. April 2021 Arbeitnehmerüberlassungen in diesen Bereichen verboten sein. Von diesem Verbot sind Unternehmen des Fleischerhandwerks mit bis zu 49 Beschäftigten ausgenommen.

In der Arbeitsstättenverordnung soll zukünftig auch bestimmt werden, wie Gemeinschaftsunterkünfte zur Unterbringung von Arbeitnehmern außerhalb des Betriebsgeländes ausgestattet sein müssen. Die Arbeitgeber sollen außerdem dazu verpflichtet werden, die zuständigen Behörden über Wohn- und Einsatzort aller Arbeitskräfte zu informieren.

Arbeitgeber sollen außerdem verpflichtet werden, den Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit ihrer Belegschaft elektronisch aufzuzeichnen. Hiervon ausgenommen sind Unternehmen des Fleischerhandwerks.

Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz sollen zukünftig mit höheren Bußgeldern bewehrt werden. Der gesetzliche Rahmen soll dazu von EUR 15.000 auf EUR 30.000 erhöht werden.

Um die Arbeitnehmerrechte im Arbeits- und Gesundheitsschutz effektiv zu sichern, sollen die Arbeitsschutzbehörden der Länder Betriebe in Zukunft häufiger kontrollieren. Dafür sollen für die Bundesländer einheitliche und verbindliche Kontrollquoten festgelegt werden. Außerdem soll es Schwerpunktkontrollen in Risikobranchen geben.

Ausblick

Das umfassende Verbot des Fremdpersonaleinsatzes durch Werkverträge und Arbeitnehmerüberlassung ist eine Maßnahme von bisher unbekannter Schärfe. Nach der aktuellen Rechtslage gelten lediglich weitgehende Einschränkungen nach § 1b AÜG für Arbeitnehmerüberlassung im Baugewerbe. Im Hinblick auf die Daseinsfürsorge ist die Lebensmittelproduktion sicherlich genauso wichtig, wie das Baugewerbe.

Allerdings werden schon die milderen Einschränkungen des § 1b AÜG in der Literatur im Hinblick auf die Leiharbeitsrichtlinie (2008/104/EG) überwiegend als nicht angemessen betrachtet. Eine solche Wertung ließe sich sicherlich auch auf das geplante Verbot des Fremdpersonaleinsatzes und auf die Unternehmerfreiheit nach Art. 12 GG übertragen. Als mildere Maßnahme käme auch eine Durchgriffshaftung der Schlachthofbetreiber für die Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften für Fremdpersonal auf dem Betriebsgelände sowie für außerbetriebliche Gemeinschaftsunterkünfte in Betracht. Eine Regelung könnte ähnlich ausgestaltet sein wie die Nachunternehmerhaftung für Sozialversicherungsbeiträge nach § 28e SGB IV und für den Mindestlohn nach § 13 MiLoG für das Baugewerbe.

In diesem Sinne ist es zu begrüßen, dass die Arbeitsstättenverordnung in Zukunft auch Vorgaben für Gemeinschaftsunterkünfte außerhalb des Betriebsgeländes machen soll.

Die sinnvollsten Maßnahmen des Gesetzesentwurfes sind aber die geplanten stärkeren Kontrollen der Betriebe. Wie so oft liegt das Problem nicht in einer Lücke im Gesetz, sondern an der mangelnden Einhaltung der bereits bestehenden Gesetze. Werkverträge werden nach der bereits bestehenden Gesetzeslage oft rechtswidrig und missbräuchlich genutzt. Eine effektivere Kontrolle der Werkvertragsarbeit verbunden mit einer Durchgriffshaftung der Auftraggeber würde ein pauschales Verbot nicht nur überflüssig machen, sondern auch dem Zweck des Beschäftigtenschutzes besser dienen. Das gilt umso mehr, da bereits einen Tag nach Beschluss des Gesetzesentwurfs bekannt wurde, dass in der Fleischbranche scheinbar schon an der Umgehung des Verbots durch Gründung von Kleinunternehmen gearbeitet wird.

Es bleibt abzuwarten, ob der nun vorgelegte Entwurf unverändert vom Bundestag beschlossen wird oder ob an einigen Stellen noch nachjustiert wird. Sollte das pauschale Verbot des Fremdpersonaleinsatzes beschlossen werden, bliebe betroffenen Arbeitgebern lediglich mit einer Verfassungsbeschwerde dagegen vorzugehen.

WIE KÖNNEN WIR IHNEN WEITERHELFEN?

Wenn Sie Fragen haben, schreiben Sie uns.